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Fairness

Gerechtigkeit, Chancengleichheit
engl: Fairness

Eignungsuntersuchungen sollen Angehörigen verschiedener (z. B. ethnischer, soziokultureller, geschlechtsspezifischer) Gruppen gleiche Chancen bieten.
Die wahrgenommene Fairness beeinflusst stark
das Image, welches Personen von einer Organisation oder einem Unternehmen haben (Gilliand 1995),
wie sie sich mit diesem vebunden fühlen (McCarthy et al., 2017)
und ob sie es als Arbeitgeber weiter empfehlen (Hausknecht et al., 2004).
Eine möglichst hohe Fairness erreichen Sie bei der Eignungsdiagnostik, in dem Sie nur solche Verfahren, Arbeitsproben und Aufgaben einsetzen, bei denen die Ergebnisse der Kandidaten möglichst weitgehend und idealerweise ausschließlich durch diejenigen Variablen beeinflusst werden, die tatsächlich für die Eignung relevant sind.

Relevante Variablen sollten nicht mit irrelevanten konfundiert sein. Z. B. sollte das Ergebnis in einem Test zum räumlichen Vorstellungsvermögen unabhängig von der sprachlichen Kompetenz des Probanden sein. Beispielsweise sind bestimmte Intelligenztests zum logischen Schlussfolgern aus diesem Grund sprachfrei und damit weitgehend kulturfair, so dass ein chinesischer Reisbauer ohne formale Schulbildung genau so gute Ergebnisse erreichen kann wie ein Harvard-Absolvent.

Damit Ihr Auswahlprozess möglichst fair wahrgenommen wird, können Sie zusätzlich folgendes tun
(Bauer et al. 1998, 2020):

  • Gewährleisten Sie, dass die Kandidaten den Auswahlprozess nachvollziehen können (Augenscheinvalidität), dass er positionsbezogen ist und eine erkennbare Vorhersageleistung /prognostische Validität hat (u.a. in dem Sie vorab eine Anforderungsanalyse durchführen.).
  • Die Kandidaten müssen die Gelegenheit bekommen, gute Leistungen zu zeigen (u.a. in dem sie mehrere verschiedene Gelegenheiten dazu bekommen)
  • Stellen Sie die Aufgaben konsistent (Assessoren- und Beobachtertraining).
  • Behandeln Sie die Kandidaten mit Respekt. Stellen Sie keine unangemessene Fragen.
  • Damit die wahrgenommene Fairness im Nachgang nicht sinkt sonden möglichst noch steigt, sollten Sie den Kandidaten zeitnah nachvollziehbares sowie nützliches Feedback geben und die Auswahlentscheidung nachvollziehbar begründen (Geben Sie so viele Informationen wie möglich sowie Hinweise zu zukünftigen Bewerbungen).

Besonders faire Instrumente für die Eignungs- und Management-Diagnostik sind Arbeitsproben. Die einzelnen Facetten der Fairness (Görlich 2007) können gut an ihrem Beispiel erläutert werden. Sie besitzen:

  • Statistische Fairness
    Minderheiten werden wenig benachteiligt
  • Biographische Fairness
    Jeder Kandidat bekommt eine "neue Chance" und kann "hier und jetzt" seine Fähigkeiten und Kompetenzen unter Beweis stellen.
  • Anforderungsbezogene Fairness
    Arbeitsproben erfassen ausschließlich berufsrelevante Merkmale und Kriterien für die Eignung. Professionell konzipierte Sets von Arbeitsproben decken die Anforderungen einer Position in ausreichender Breite ab. Sie sind somit repräsentativ und besitzen ökologische Validität.
  • Prozedurale Fairness/ soziale Validität
    Arbeitsproben informieren die Kandidaten über die Tätigkeit, die Position und die Anforderungen. Meist ist es für die Kandidaten offensichtlich, wie gut sie die Arbeitsprobe bewältigt haben; sie erhalten also direktes Feedback. Dies fördert die Akzeptanz sowie die Selbstselektion.
  • Gesellschaftliche Fairness
    Arbeitsproben verdeutlichen das Leistungsprinzip. Sonstige Benachteiligungen können erkannt und ausgeglichen werden.

Siehe auch:
Zumutbarkeit
Transparenz
Testgüte


Beratung:

Wollen Sie ihre Rekrutierungs- und Auswahlprozesse möglichst fair gestalten? Wir beraten Sie gerne.

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Literatur:

Bauer, T. N., Maertz, C. P. Jr, Dolen, M. R., & Campion, M. A. (1998). Longitudinal assessment of applicant reactions to employment testing and test outcome feedback. Journal of Applied Psychology, 83, 892–903. https://doi.org/10.1037//0021-9010.83.6.892
Bauer, T. N., McCarthy, J., Anderson, N., Truxillo, D. M., & Salgado, J. F. (2020). What we know about candidate experience: Research summary and best practices for applicant reactions. SIOP White Paper Series. Retrieved from https://www.siop.org/Portals/84/docs/White%20Papers/candidate%20experience.pdf?ver=2020-07-02-0734
Gilliand, S.W. (1995). Fairness from the applicants perspective: Reactions to employee selection procedures. International Journal of Selection and Assessment, 3, 11-19.
Görlich, Y. & Schuler, H. (2006). Personalentscheidungen Nutzen und Fairness. In H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch Personalpsychologie (2. Aufl., S. 797-840). Göttingen: Hogrefe.
Görlich, Y. (2007). Arbeitsproben im Assessment Center. In H. Schuler (Hrsg.), Assessment Center zur Potenzialanalyse (S. 61-69). Göttingen: Hogrefe.
Hausknecht, J., Day, D., & Thomas, S. (2004). Applicant reactions to selection procedures: An updated model and meta-analysis. Personnel Psychology, 57, 639–684. https://doi.org/10.1111/j.1744-6570.2004.00003.x
Konradt, U., Oldeweme, M., Krys, S. & Otte, K.-P. (2020). A meta-analysis of change in applicants' perceptions of fairness. International Journal of Selection and Assessment, 28 (4). S. 365-382. https://doi.org/10.1111/ijsa.12305.
McCarthy, J. M., Bauer, T. N., Truxillo, D. M., Anderson, N. R., Costa, A. C., & Ahmed, S. M. (2017). Applicant perspectives during selection: A review addressing so what? What's new? and Where to next? Journal of Management, 43, 1693–1725. https://doi.org/10.1177/0149206316681846
Möbus, C. (1983). Die praktische Bedeutung der Testfairness als zusatzliches Kriterium zu Reliabilitat und Validitat. In R. Horn, K. Ingenkamp & R.S. Jäger (Hrsg.), Tests und Trends, 3 (S. 155-203). Weinheim: Beltz.
Simons, H. & Möbus, C. (1982). Testfairness. In K. J. Klauer (Hrsg.), Handbuch der Pädagogischen Diagnostik, 1 (S. 187- 198). Düsseldorf: Schwann.


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