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Unternehmensspezifisches Kompetenzmodell

engl: company-specific competency model

Unternehmensspezifische Kompetenzmodelle sollen vor allem einen einheitlichen Sprachgebrauch zu Kompetenzen im Unternehmen gewährleisten.
Meist bestehen Sie jedoch nur aus einem vermeintlich unternehmens-spezifischen, positionsübergreifenden Anforderungsprofil oder sie stellen einen unternehmenseigenen, meist wenig geglückten Ansatz zur Klassifikation beruflich relevanter Kompetenzen dar. Die Kriterien für die Qualität einer Systematik werden oft nicht erfüllt.

Zur Konzeption werden u. a. mit einer Auswahl von Top- und Normal-Leistern Interviews geführt, die unternehmensspezifische, positionsübergreifend wichtige Kompetenzen erbringen sollen. Die Analyseeinheit ist also nicht eine bestimmte Position oder ein Positionsbündel, sondern gleich das ganze Unternehmen.

Häufige Varianten:

  • Eine Liste von Kompetenzen/Anforderungsprofil für alle Positionen
  • Kompetenzen, die das Unternehmen zukünftig braucht, um strategische Ziele zu erreichen
  • Unternehmensspezifische Anforderungen an Führungskräfte
    (nah an Führungsleitlinien oder der Leadership Pipeline)
Problematik unternehmensspezifischer Kompetenzmodelle:
1. Unternehmensspezifisch vs. positionsspezifisch

In fast allen Unternehmen existieren sehr unterschiedliche Positionen mit sehr unterschiedlichen Anforderungen. Die Formulierung eines unternehmensweit gültigen Kompetenzmodells im Sinne unternehmensweit gültiger Leistungs- und Anforderungskriterien für alle Positionen macht auch aus diesem Grund wenig Sinn. Denn Merkmalsausprägungen, die für die eine Position Erfolgsvoraussetzung sind, können für eine andere Position Garant für Misserfolg oder Enttäuschung sein. So ist beispielsweise eine hohe Extraversion oder hohe Kontaktmotivation für Vertriebsmitarbeiter sicher hilfreich. Für einen Prüfingenieur, der meist alleine in einem Prüflabor arbeitet, wäre sie hinderlich, denn er hat zu wenig Gelegenheit, sie auszuleben. Er ist auf Dauer frustriert und unzufrieden.

Die Anforderungen für die verschiedenen Positionen in einem Unternehmen sind zu unterschiedlich, für die gleiche Position in verschiedenen Unternehmen sind sie hingegen häufig ähnlich. So werden sich beispielsweise für Controller, die in verschiedenen Unternehmen arbeiten, sehr ähnliche Anforderungsprofile ergeben.

In Relation zur Unterschiedlichkeit der Anforderungen für verschiedene Positionen in einem Unternehmen sind die Unterschiede der unternehmensbezogenen Anforderungen wenig bedeutsam. Versprechungen, mit solchen Kompetenzmodellen den Erfolg des Unternehmens zu steigern, sind wenig glaubhaft. Denn der Erfolg eines Unternehmens ist die Summe und die Wechselwirkung der Erfolge einzelner Personen auf bestimmten Positionen. Der Erfolg einer Person auf einer bestimmten Position lässt sich vor allem durch die Passung zwischen den Positionsanforderungen und der Eignung oder dem Kompetenzprofil der Person vorhersagen. Die Passung der Person zu allgemeinen, positionsübergreifenden Merkmalen des Unternehmens bietet im Vergleich zur positionsspezifischen Passung eine deutlich geringere Vorhersageleistung und deutlich weniger Möglichkeiten den Erfolg durch Maßnahmen der Personalentwicklung wahrscheinlicher zu machen.

Teilmengen der Anforderungen an eine konkrete Führungsposition

positionsspezifische Anforderungen
unternehmensspezifische Anforderungen
Funktions- und rollenspezifische Anforderungen, z. B. Abteilungsleiter: Mitarbeiter coachen können
Basisanforderungen an Führungskräfte
z. B. delegieren können

2. Neues Klassifikationssystem?

Auch die immer wieder neue, vermeintlich unternehmensspezifische Klassifizierung der Kompetenzen und Anforderungen ist dubios. Es ist ja auch nicht sinnvoll, für jedes Chemieunternehmen ein eigenes Periodensystem der Elemente zu formulieren.

3. Typische Mängel

Bei genauerer Betrachtung sind viele dieser unternehmensspezifischen, positionsübergreifenden Kompetenzmodelle mit vielen Mängeln ausgestattet:

  • Alltagsferne: Häufig haben die aufgelisteten Kompetenzen nur wenig mit dem Alltag und den tatsächlichen oder zukünftigen Aufgaben zu tun und beschreiben stattdessen Eigenschaften, die in einem normalen Unternehmen nur wenige aufweisen müssen. Oder sie sind extrem anspruchsvoll. Wie viele kreative Innovatoren, Visionäre, Strategen oder charismatische Führer verträgt ein Unternehmen? Braucht es nicht auch Menschen, die Spaß an der Umsetzung haben oder gerne verwalten?
  • Zu hoher Anspruch: Häufig suggerieren solche Kompetenzmodelle, dass vom Mitarbeiter ein extrem breites Spektrum an Stärken gefordert wird. Menschen haben aber meist nur in einigen Feldern Stärken, und weisen in anderen Feldern Schwächen auf. Derartige Merkmalssammlungen, die kein real existierender Mensch erfüllen kann, werden daher auch treffend "Sehnsuchtslisten" genannt.
  • Indiskret: Die Kompetenzen sind häufig nicht diskret genug definiert. Ihr Bedeutungsumfang überlappt sich zu stark. Häufig stehen Begriffe sehr unterschiedlichen Abstraktionsniveaus auf gleicher Ebene (z. B. die Anforderung "Konfliktfähigkeit" und "verwendet einen Terminkalender"). Die Differenzielle- und Persönlichkeitspsychologie bietet dem gegenüber wohl definierte Konstrukte als Grundlage zur Handhabung des Feldes der Kompetenzen.
Fazit:

Es ist wenig sinnvoll direkt ein allgemeines Anforderungsprofil oder "Kompetenzmodell" für ein Unternehmen zu formulieren. Bleiben Sie zunächst bei den konkreten Aufgaben und den sich daraus ergebenden Anforderungen konkreter Positionen. Diese positionsspezifische Anforderungsanalyse sollte nicht übergangen werden. Erst kommt die positionsspezifische Analyse der Anforderungen und dann eventuell ihre Aggregation für bestimmte Berufstypen, Rollen oder Abteilungen!
Zur Arbeitserleichterung können Sie anschließend einen unternehmensspezifischen Kompetenzkatalog mit Verhaltensankern und kompetenzbezogenen Entwicklungshinweisen erstellen.

Weitere Hinweise finden Sie unter:

Weitere Hinweise finden Sie unter Anforderungsanalyse.

siehe auch:
- > Kern-Kompetenz, Core Competencies
- > Kompetenzmodell
- > Qualität von Kompetenzmodellen und Kompetenzsystematiken
- > Kompetenzkatalog oder
- > Unternehmensspezifische Kompetenzsystematik

Literatur:

Klug, A. (2011). Analyse des Personalentwicklungsbedarfs. in: Praxishandbuch Personalentwicklung. p 35-91. Wiesbaden: Gabler.


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