Soziale Validität
engl: social validity
Gebündeltes Maß für die Fairness, Zufriedenheit und Akzeptanz einer eignungsdiagnostischen Untersuchung, die diese
bei den Kandidaten und Teilnehmern findet.
Sammelbezeichnung für all das, "was die eignungsdiagnostische Situation zu einer akzeptablen sozialen Situation macht"
(Schuler & Stehle 1983).
Im Vordergrund steht dabei, wie die Kandidaten die eignungsdiagnostische Situation erleben und bewerten. Darüber hinaus wird auch die Bewertung des Verfahrens durch andere Beteiligte betrachtet. Z.B.:
- Beobachter, Teilnehmer im Assessment
- Empfänger der Befunde, Gutachten und Empfehlungen (zukünftiger Vorgesetzer, Personalabteilung)
- Interessenvertreter, Schlüsselpersonen im Unternehmen (Vorstand, Betriebsrat, Bereichsleiter...)
Die soziale Validität wird vor allem durch folgende vier unabhängige Faktoren positiv beeinflusst:
- Information über Anforderungen der Position und der Organisation
- Partizipation bei der Entwicklung des eignungsdiagnostischen Verfahrens
- Transparenz der Verfahrendurchführung und der Ergebnis-/Entscheidungsfindung
- Entscheidungskommunikation/ Feedback zu den Ergebnissen
Im folgenden finden Sie eine umfassende Sammlung von Maßnahmen, mit denen man die Akzeptanz und soziale Validität von Auswahlverfahren, Potenzialanalysen und weiteren eignungsdiagnostischen Maßnahmen steigern kann. Prüfen Sie, welche Maßnahmen zu Ihrer Situation und Fragestellung passen und realisierbar sind.
Information
Informieren Sie die Kandidaten /Teilnehmer
- über den Verantwortungsbereich und die Aufgaben der Tätigkeit
- über erfolgsrelevante Anforderungen der Zielposition(-en)
- über die wichtigsten Merkmale Ihrer Organisation/ Ihres Unternehmens sowie über die Strategie und Ziele
- über die Unternehmenskultur, den Führungsstil, den Umgang miteinander (z.B. Interaktion, Führung, Klima)
- über Möglichkeiten persönlicher und beruflicher Entwicklung, Karrierechancen und
- über weitere Aspekte, die sich als bedeutsam für Leistung und Befinden der Mitarbeiter erwiesen haben und die Selbstselektion erleichtern.
Partizipation
- Beteiligen sie die Betroffenen sowie relevante Interessenvertreter an der Gestaltung des Auswahlprozesses, an der Auswahl und/oder Gestaltung der eingesetzten diagnostischen Instrumente und /oder an der Entscheidungsfindung. Sie können direkt Betroffene (zukünftiger Vorgesetzter, Kollegen) und/oder Repräsentanten (Arbeitnehmervertreter) beteiligen.
- Räumen Sie Betroffenen die Möglichkeit ein, die Situation zu kontrollieren und/oder die Beobachtungs-, Entscheidungs- und Auswahlprozesse zu beeinflussen.
- Sorgen Sie dafür, dass die Kandidaten und Betroffenen die diagnostische Situation soweit wie möglich als frei von Machtausübung wahrnehmen.
Transparenz
Machen sie den Kandidaten und allen Beteiligten folgendes transparent:
- Die Gestaltung der diagnostischen Situationen (z.B. Rollensimulation, Tests).
- Die darin jeweils handelnden Personen, inkl. ihre Rollen, Intentionen und Kompetenzen.
- Welches Verhalten von den Bewerbern erwartet wird.
- Welchen Bezug die diagnostischen Instrumente (Tests, AC-Aufgaben...) zur Zielposition und zu den künftigen Aufgaben haben.
- Die eingesetzten Kriterien.
- Der Prozess und die Regeln zur Beobachtung, Bewertung, Aggregation von Daten, Transformation von Daten und Befunden in Bewertungen und Bewertungen in Entscheidungen.
- Schaffen Sie die Möglichkeit, dass die Kandidaten ihr eigenes Verhalten und die eigenen Kompetenzen selbst
bewerten
- anhand der eingesetzten Bewertungskriterien und ihrer Operationalisierungen
- anhand des direkten Vergleiches mit der Leistung anderer Bewerber.
- Besonders gut ist dies in Arbeitsproben möglich. Sie erleichtern so auch die Selbstselektion.
Entscheidungsfindung / Feedback
- Geben Sie den Kandidaten Feedback zu den gemachten Beobachtungen, den Bewertungen, den Erfolgswahrscheinlichkeiten, den getroffenen Entscheidungen sowie zu Entwicklungsmöglichkeiten.
- Geben Sie das Feedback inhaltlich offen, nachvollziehbar, mit Bezug zu Beobachtungen und Anforderungen, konstruktiv, wohlmeinend, unterstützend und motivierend.
- Geben Sie das Feedback formal verständlich, annehmbar, ins Selbstkonzept integrierbar und bezüglich Detailtiefe und Umfang nicht mehr als gewünscht.
- Ihr Feedback sollte auch dem Kandidaten die Entscheidung erleichtern und ihm eine höhere Entscheidungssicherheit bieten.
Einige dieser Maßnahmen stärken zwar die soziale Validität, sie beeinträchtigen aber auch andere
Validitätsarten oder die Vorhersageleistung des Verfahrens.
Gerne beraten wir Sie und erörtern das für Ihre Ziele und Ihr Rekrutierungsprojekt optimale Vorgehen.
Senden Sie uns eine kurze Email oder rufen Sie uns an Tel: 0201-171 54 94!
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Siehe auch:
-> Validität, weitere Validitätsarten
-> Fairness
-> Angemessenheit
-> Transparenz
-> Produktseite Einzel-Assessment
Literatur & Links:
Schuler, H. & Stehle, W. (1985). Soziale Validität eignungsdiagnostischer Verfahren: Anforderung für die Zukunft.
In: H. Schuler & W. Stehle (Hrsg.). Organisationspsychologie und Unternehmenspraxis: Perspektiven der Kooperation (S. 133-138).
Göttingen: Hogrefe.
Fruhner, R., Schuler, H., Funke, U. & Moser, K. (1991). Einige Determinanten der Bewertung von Personalauswahlverfaren.
Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 35. Jg, 170-178.
Bauer, T.N., Anderson, N., Truxillo, D.M. & Salgado, J.F. (2020). What We Know About the Candidate Experience: Research Summary and Best Practices
for Applicant Reactions. SIOP White Paper.