Arbeitsprobe
engl: work sample
Aufgabe, die im Sinne einer Stichprobe typisch für eine Position, einen Arbeitsplatz oder einen Beruf ist, die notwendige Kompetenzen sowie erfolgsrelevantes Verhalten hervorruft und messbar macht und die damit Aussagen zur Erfüllung der Anforderungen, zur Eignung, zu Potenzialen und zu Talenten ermöglicht.
Am häufigsten werden Arbeitsproben durchgeführt, um den Erfolg eines Kandidaten auf einer bestimmten Zielposition oder einer Gruppe ähnlicher Zielpositionen vorherzusagen. Um eine zutreffende Vorhersage zu erreichen, werden meist mehrere Arbeitsproben hintereinander durchgeführt, z. B. gebündelt in einem Assessment, die insgesamt die wichtigsten Anforderungen der Zielposition (Anforderungsprofil) repräsentieren.
Beispiele
Die klassischen Arbeitsproben dienten dazu, motorische Fähigkeiten zu prüfen. So geht es in der Drahtbiegeprobe (Lienert 1967) darum, mit einem gegebenen geraden Stück Draht in bestimmter Länge eine vorgegebene Form nachzubilden. Ausgewertet werden die Abweichungen und es resultieren Aussagen zu Formauffassung, Handgeschick, Gründlichkeit sowie zur Eignung für einen metallverarbeitenden Beruf.
Neuere Arbeitsproben messen auch Führungs-, Vertriebs- oder Management-Kompetenzen wie z.B. das strategische Denken, die Überzeugungskraft oder Projektmanagement-Kompetenzen.
Typisches Beispiele für Arbeitsproben, die auf Anforderungen an Manager und Führungskräfte zielen, sind
die Management-Fallstudie, die Strategie-Fallstudie, die Fact-Finding-Aufgabe, die Rollensimulation
Mitarbeiterkritikgespräch, die Teamführungsaufgabe, das Neukundengespräch
oder die Verhandlung.
Typen und Beschreibungsmerkmale von Arbeitsproben
Moede (1930) unterscheidet orientiert an dem Maße, in dem sich die Prüfbedingungen der Wirklichkeit am Arbeitsplatz annähern oder ihnen gleichen zwischen:
- Wirklichkeitsproben
- Schemaproben und
- abstrakten Proben
Beschreibungsmerkmale von Arbeitsproben
Merkmal | Erklärung / mögliche Ausprägungen |
Aufgabentyp | kognitiv, motorisch, verbal, sozial z.B. Planungsaufgabe, Moderationsaufgabe |
Realitätsbezug | Ausmaß, in dem die Proben die Arbeitswirklichkeit realistisch simulieren |
Bandbreite | Ausmaß, in dem die Proben die Arbeitswirklichkeit abbilden |
Spezifität | Ausmaß, in dem die Proben allgemeine - spezifische Fertigkeiten erfassen |
Erfahrungsbezug | Ausmaß, in dem die Proben Berufserfahrung voraussetzen |
Reaktionsmodus, Antwortmodus |
Tatsächliches Verhalten, mündliche/schriftliche Verhaltensbeschreibung |
Bewertungsmodus | Ratingskalen, Beispiele guter/schlechter Leistung, Checklisten |
Vorteile
Durch ihre Nähe zum zukünftigen Arbeitsalltag bieten Arbeitsproben eine hohe ökologische Validität. Arbeitsproben werden deshalb sehr gut von Kandidaten, Vorgesetzten und anderen Empfängern der Befunde akzeptiert. Zudem bieten sie eine sehr hohe Vorhersageleistung (prognostische Validität).
Arbeitsproben sind besonders faire Instrumente für die Eignungs- und Management-Diagnostik. Sie besitzen:
- Statistische Fairness: Minderheiten werden wenig benachteiligt
- Biographische Fairness: Jeder Kandidat bekommt eine "neue Chance" und kann "hier und jetzt" seine Fähigkeiten und Kompetenzen unter Beweis stellen.
- Anforderungsbezogene Fairness: Arbeitsproben erfassen ausschließlich berufsrelevante Merkmale und Kriterien für die Eignung. Professionell konzipierte Sets von Arbeitsproben decken die Anforderungen einer Position in ausreichender Breite ab und sind somit repräsentativ.
- Prozedurale Fairness/ soziale Validität: Arbeitsproben informieren die Kandidaten über die Tätigkeit, die Position und die Anforderungen. Meist ist es für die Kandidaten offensichtlich, wie gut sie die Arbeitsprobe bewältigt haben; sie erhalten also direktes Feedback. Dies fördert die Akzeptanz sowie die Selbstselektion.
- Gesellschaftliche Fairness: Arbeitsproben verdeutlichen das Leistungsprinzip. Sonstige Benachteiligungen können erkannt und ausgeglichen werden.
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Siehe auch:
-> Simulation
-> Validität, weitere Validitätsarten
-> Fairness
-> Angemessenheit
Literatur:
Asher, J.J. & Sciarrino, J.A. (1974). Work sample tests: a review. Personnel Psychology, 31, 519-533.
Callinan, M. & Robertson, I.T. (2008). Work Sample Testing. International Journal of Selection and Assessment, 8 (4), p. 248-260.
https://doi.org/10.1111/1468-2389.00154
Görlich, Y. (2007). Arbeitsproben im Assessment Center. In H. Schuler (Hrsg.), Assessment Center zur Potenzialanalyse
(S. 61-69). Göttingen: Hogrefe.
Lienert, G.A. (1967). Drahtbiegeprobe. Göttingen: Hogrefe.
Moede, W. (1930). Lehrbuch der Psychotechnik. Berlin: Springer.
Roth, P.L., Bobko, P. & McFarland, L.A. (2005). A meta-analysis of work sample test validity: Updating and integrating
some classic literature. Personnel Psychology, 58, 1009-1037.